19. April 2024


           
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 Sudden Demise

Es gibt große Bands, die begeistern tausende Fans auf ihren Konzerten, es gibt kleine Bands, die sich vergeblich bemühen, bei einem Festival zur Mittagszeit die anwesenden 10 Leute zu begeistern und es gibt Bands, die liegen irgendwo dazwischen. Eins haben sie allerdings gemeinsam: irgendwann, irgendwo und irgendwie müssen die alle mal proben. Und genau da liegt ein großes Geheimnis der Musikbranche: was machen Musiker, wenn sie zusammenhocken und proben? Klischees gibt´s dazu ja - gerade in der Metal-Welt - reichlich. Mit dem festen Willen, diesen Klischees auf den Grund zu gehen, machte ich mich am Sonntag auf, um Sudden Demise, die neue Hoffnung für alle Thrash/Death-Metaller in ihrem Proberaum zu besuchen. Kennengelernt hatte ich die Jungs zwei Tage vorher zufällig in einer Kneipe und konnte sie spontan überzeugen, mich zu ihrer Bandprobe mitzunehmen.

Das erste Klischee "Bands proben immer da, wo man sie nicht findet", stimmt nicht so ganz: dank einer netten Wegbeschreibung fand ich mich irgendwo im Nichts, wo die Herren einen alten Bunker gemietet haben, gut zu recht.

Klischee Nummer zwei "Bands sind nie pünktlich" stimmt bei Sudden Demise auch nicht. Drummer Reinhard nahm mich freundlich in Empfang. Kurz darauf wurden wir fast von Sänger Flo überfahren und auch Gitarrist Benny kam angebraust. Etwas später fand sich Bassman Paulo ein.

Das ist Valentina - geliebt und gehasst vom Drummer
Das ist Valentina - geliebt und gehasst vom Drummer...

Super – nicht mal das dritte Klischee "Bands vergessen immer irgendwas" stimmte. Der Schlüssel für den Bunker war da, jeder hatte seine Instrument dabei, den eigenen Namen wußten auch alle... Fast langweilig...

In diesem dunklen Loch sollen Sudden Demise ihren Proberaum haben...
In diesem dunklen Loch soll eine Band proben?!?

Nun denn, der Bunker wurde aufgeschlossen und ich erwartete das, was wohl jeder erwartet: "Chaos und jede Menge Bier". Naja – das funktionierte jedenfalls beinahe: es gab übersichtliches Chaos und eine Kiste Wasser. Okay, um die Metaller-Ehre zu retten: ich habe eine leere Flasche Beck´s Gold gesichtet...

Wie auch immer: der Proberaum von Sudden Demise sieht ungefähr so aus, wie man´s erwartet: relativ klein, vollgestopft mit einem Schlagzeug, ein paar Metal-Postern und -Flaggen, Klappstühlen, einem Wackelskelett (von dem keiner weiß, ob´s der Band oder einem Bekannten gehört, geschweige denn, warum es überhaupt da ist...), Mischpult, Verstärkern und so weiter. Wenn dann die vier Death-Metaller drin sind, wird´s richtig gemütlich.

Leadgitarrist Benny probierte als erstes ein frisch repariertes Effektboard aus – funktionierte aber nicht. Kein Problem, es wird einfach das andere angeschlossen und die Musiker griffen zu ihren Instrumenten. Da ich keine Ahnung hatte, was für Musik mich erwarten würde –eine CD gibt es von Sudden Demise noch nicht und ihr erstes Konzert in Oldenburg habe ich verpaßt, da ich faul im Urlaub am Strand lag- setzte ich mich auf den Boden, lehnte mich ganz entspannt an die Wand und befürchtete das Schlimmste. Aber: nix war mit Entspannen! Reinhard drosch auf sein Schlagzeug ein, Benny und Flo knallten sich die Gitarren-Riffs um die Ohren, unterstützt von Paulos Bass und dann grunzte Flo und tiefster Death-Manier ins Mikro. Mein Kopf fragte nicht danach, ob meine Nackenmuskulatur gut trainiert ist und fing ohne mein Zutun mit dem moshen an... Ja, lest es und werdet meinetwegen neidisch: Sonntagnachmittag, die Sonne scheint in ein ehemaliges Munitionslager und Tyrwyn bekommt ein privates Metal-Konzert vom Feinsten serviert!

Am meisten erstaunte mich die Disziplin, die die vier sympathischen Kerle an den Tag legten. Der neuste Song "End of all live" wurde zweimal komplett gespielt, dann wurden die Übergänge geübt und danach wurde der Song nochmals komplett durchgespielt.

Ein überaus geiler Song "Mortality Mine" (von dem Drummer Reinhard steif und fest behauptete, es sei der "Mortadella-Song", worauf Sänger Flo sich vergeblich bemühte, ihn mit Blicken zu töten) straft der Aussage von Gitarrist Benny: "Naja, unsere eigenen Songs... Flo schreibt halt Texte und wir bemühen uns dann, irgendwas dazu zu spielen, damit man die Texte nicht versteht..." definitiv Lügen.

Auch wenn sich Sudden Demise während der Probe sehr professionell gaben, kam der Spaßfaktor nicht zu kurz. Ich wurde darüber aufgeklärt, daß Sudden Demise allesamt Schlümpfe seien oder auch Schlampen - je nach Tageszeit und Verfassung. Genügend Zeit, um die richtig Aussprache von Amon Amarth zu diskutieren, fand sich genauso, wie für Zigarettenpausen (merke: nach jedem ersten Song bastelt Benny am Effektboard, nach jedem zweiten Song zündet er eine Zigarette an), Fußballshows von Paulo und dem allgemeinen "Bilder vom Gig in Oldenburg gucken".

Da sind die Herren
Da sind die Herren, nur der Drummer versteckt sich...

Das Repertoire von Sudden Demise umfaßt Cover-Songs (u.a. von Six Feet Under und Sentenced) und eigene Songs, welche mir wesentlich besser gefallen. Die größte Überraschung des Tages war allerdings der ureigene Sudden Demise – Song, der seinerzeit von Judas Priest gecovert wurde (Anm. d. Red.: "Flo, ihr habt es so gesagt, also schreibe ich es auch so! Ich pfeif´ auf Dein >Schreib das NICHT so!<. Gesagt ist gesagt..." *grins!*), nämlich "Breaking the law". Nach zwei Stunden nackenbrecherischen, finsteren Death-Metal-Gegrunze mit hirnwegblasendem Sound (bereits nach zwei Liedern zog Reinhard sein T-Shirt aus, nach dem dritten wurde er zur "lebenden Nebelmaschine"...) wurde mir auf angenehmste Weise klargemacht, daß Sudden Demise auch melodiöse Sachen bestens beherrschen. "Breaking the law" wird zwar nicht eins zu eins gecovert, sondern mit hartem Sudden Demise – Sound unterlegt, doch die klare Gesangstimme von Flo kommt hier bestens zur Geltung.

Bevor ich dann die Jungs leider verlassen mußte, konnte ich noch einiges über die Bandhistory und den geplanten Werdegang erfahren. Die Idee für die Band entstand Silvester 2003/2004 im Delmenhorster White Lion, als Benny und Flo am Tresen saßen. (Okay, vielleicht lagen sie auch unter dem Tresen. Oder der Tresen war einfach nur über ihnen...) Im Sommer 2004 wurde Reinhard für die Drums eingesammelt und Paulo wurde eigens aus Portugal für den Bass eingeflogen (wobei letzteres nicht unbedingt stimmen muß – jedenfalls ist er dabei und das ist auch gut so).

Im Mai 2005 hatten die vier in dieser Formation ihren ersten Live-Auftritt bei einem Bekannten und wurden vom Fleck weg für ein Biker-Treffen in Oldenburg engagiert.

Im Juli werden Sudden Demise im Studio ihre erste Demo-CD aufnehmen und dann bleibt der Metal-Welt nur zu wünschen, daß sie massenweise Auftrittsmöglichkeiten erhalten.

Natürlich ist es schwierig, nach einer Probe auf die Konzerte zu schließen, aber da alle Musiker bereits Erfahrungen in anderen Bands gesammelt haben, konzentriert arbeiten, gute Mucke abliefern und das Bandfeeling sehr ausgeprägt ist, sollte der Karriere nichts im Wege stehen!

by  Tyrwyn

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