18. April 2024


           
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God dethroned Interview

Für mich gibt es kaum eine innovativere Death Metal Band als die Belgier God dethroned, die gerade erst ihr neustes und zugleich bestes Werk „Passiondale“ veröffentlicht haben und zur Generalattacke auf den weltweiten Hartwurst-Markt blasen. Ein mehr als interessantes Konzept über die Gräuel des ersten Weltkrieges, eine neue Gitarristin und die in den letzten Jahren vorherrschende Abstinenz der Deather auf europäischen Bühnen waren nur ein paar Gründe, um mit einem mehr als aufgeschlossenen und überaus freundlichen Henri Sattler am Montag Abend gemütlich zu schwatzen. Hier lest Ihr das Ergebnis.

Vorab erstmal soll ich Dir schöne Grüße von Jagger und Disbelief bestellen, die ich gestern getroffen und interviewt habe…

 

Klasse, danke. Wenn Du ihn wiedersiehst, bestell ihm auch schöne Grüße. Coole Menschen, coole Band.

 

Gratulation zu Eurem Meisterwerk „Passiondale“, mein derzeitiges Lieblingsalbum…

 

Ich habe Dein Review gelesen und war sehr erfreut. Eine wirklich tolle Kritik zu unserem Album…

 

Danke, hört man gerne. Die Frage ist zwar schon tausendmal gestellt worden, dennoch interessiert mich, wie Du selbst Deine Arbeit bewertest?

 

Ich bin mehr als zufrieden. Das Konzept ist bislang einzigartig, die Musik passt perfekt zu den Songs und den Texten, die Brutalität, die sich mit der Melancholie abwechselt und so perfekt im Kontext zu Elend, Tod und dem massenhaften Sterben der Menschen steht. Die Produktion ist klasse, das Cover großartig, was sollte ich mir mehr wünschen. Ich bin rundum befriedigt und glücklich.

 

Wann entstand denn in Dir die Idee, ein Konzeptalbum über den ersten Weltkrieg zu schreiben?

 

Unser ehemaliger Gitarrist Isaac Delahaye wohnt in Yper, einem der blutigsten Schauplätze des ersten Weltkrieges, wo auch Giftgas eingesetzt wurde. Yper besteht fast nur aus dem ersten Weltkrieg. Das Stadttor hat alle Namen der vermissten Soldaten eingemeißelt, es gibt Kriegsdenkmäler, Soldatenfriedhöfe und jedes Jahr kommen tausende von Leuten, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Ich war davon immer tief beeindruckt, wenn ich dort war. So fing ich an, in Museen zu gehen, Bücher über diesen Krieg zu lesen und so wuchs die ganze Geschichte. Es war einfach spannend, sich an solch ein Konzept zu wagen und ein geschichtliches Album aufzunehmen, da ich vorher so etwas noch nie gemacht oder in Erwägung gezogen habe.

 

Wie lange hat es dann gedauert, die Texte für dieses Konzept auszuarbeiten?

 

6 Wochen…

 

6 Wochen??? Mein lieber Schwan, das ging ja dann aber richtig fix…

 

Naja, am Anfang hatte ich schon das Problem nicht zu wissen, wie ich die Geschichte beginne und wie ich sie beende. Außerdem wollte ich von Anfang an die Geschehnisse aus einer neutralen Sicht erzählen und mich nicht auf eine Seite schlagen. Dies stellte sich als recht schwierig heraus, ein solch komplexes Thema neutral zu behandeln. Doch nachdem die ersten beiden Songs standen, lief es wie von selbst. Den letzten Text habe ich dann sogar noch im Studio währen der Aufnahmen geschrieben, hahaha. Man muss einfach nur den Weg in die Materie finden, dann wird es zum Selbstläufer.

 

Warum hast Du den Original Namen der Stadt Passchendaele in „Passiondale“ geändert? Ist das nicht dem Konzept gegenüber inkonsequent?

 

Nein, überhaupt nicht, denn der Originalname kann von englisch sprechenden Leuten im Leben nicht ausgesprochen werden. Außerdem haben die englischen Soldaten im ersten Weltkrieg eben aufgrund dieser Sprachbarriere allen Städten in dieser Umgebung Spitznamen verpasst. Yper war Viper und Passchendaela eben Passiondale.

 

Erkläre mir doch bitte, warum Euer Intro in Japanisch gesprochen wird und nicht in einer der am Krieg beteiligten Sprachen wie Englisch, Französisch oder eventuell sogar deutsch?

 

Japan war auch am ersten Weltkrieg beteiligt, zwar nicht auf den europäischen Schlachtfeldern, dennoch sind die Japaner ebenso ein Teil dieses Krieges. Doch hauptsächlich ging es mir beim Intro darum, eine Spannung und Atmosphäre aufzubauen, was mit einer japanischen Stimme hervorragend gelungen ist. Du fühlst beim  Intro einfach, wie der krieg immer näher kommt und dich schließlich erreicht.

 

Euer Sound auf „Passionsdale“ ist um einiges rauer und brutaler ausgefallen als auf „Toxic touch“. War dieser Wechsel geplant oder doch eher eine Reaktion auf die unerfreulichen Umstände rund um God dethroned in den letzten zwei Jahren?

 

Ja, der Soundwechsel war tatsächlich so geplant, was hauptsächlich im total unterschiedlichen Gitarrenspiel von Isaac und mir fußt. Isaac hatte eine völlig andere Spielweise als ich, der viel rauer und schneller zockt. Dazu kam, dass während der Aufnahmen zu „The toxic touch“ mein Vater sehr krank wurde und ich selber kaum Energie hatte, das Album einzuspielen. Neben einigen wenigen Gitarrenparts sang ich noch und das war’s. Als dann nach der Veröffentlichung mein Vater dann starb, nahm ich mir eine Auszeit und ließ es etwas ruhiger um die Band werden. Doch plötzlich war meine Energie wieder voll da und ich merkte, dass ich ein richtig gutes Album machen würde. Dazu kamen dann die 6 Wochen im Studio, bei der ich alle Gitarrenparts alleine einspielte und so den Sound kreierte, den ich mir für dieses Album gewünscht hatte. Ich habe sogar meinen steinalten Marshall-Amp wieder rausgekramt und festgestellt, was für einen geilen Sound das Teil noch hat. Ich habe den Sound dann durch einen ebenso antiken Mesa Boogie gejagt und das Resultat war genau der brutale Sound, den ich mir nach dem „smoothy“ Album vorher gewünscht habe (lacht).

 

Ihr habt ja erneut mit Jörg Uken (Sinister, Dew Scented) in Ostfriesland aufgenommen. Ein ziemlich stilles Örtchen, um so ein Hasserfülltes Stück Todesblei einzutüten?

 

Ganz im Gegenteil, je ruhiger desto besser, so konnte ich den Fokus einzig und alleine auf die Platte richten. Es waren einfach perfekte Umstände. Das Studio ist nicht weit vom Ort, wo ich wohne, die Qualität ist hervorragend und man kommt nicht in die Versuchung, abends noch einen saufen zu gehen (lacht). Ich mag die Sachen, die Jörg früher gemacht hat und habe einige seiner produzierten Demos gehört, bevor wir damals erstmals das „Toxic touch“ Album dort aufnahmen. Danach ging es für seine Karriere richtig ab und viele bekannte Bands gingen zu ihm, um ihre Scheiben dort aufzunehmen.

 

Hattest Du im Vorfeld vielleicht Befürchtungen, dass irgendwelche Spinner aufgrund eines Albums über den ersten Weltkrieg, die politische Ideologie von God dethroned hinterfragen und in die rechte Ecke drängen könnten?

 

Überhaupt nicht. Es gibt immerhin dermaßen viele Bands, die über den zweiten Weltkrieg sich ausgelassen haben und auch keine Probleme bekamen…

 

Da muss ich Dir allerdings widersprechen. Martin van Drunen wurde mit Hail of bullets und seinem Album „of Frost and war“ Kriegsverherrlichung vorgeworfen…

 

Ehrlich? Ups, das wusste ich nicht. Dennoch habe ich bisher nichts Negatives über unser Album in dieser Richtung gehört. Und selbst wenn, würde es mich nicht sonderlich interessieren. Die Leute, die sich auf so etwas stürzen, verstehen meist eh nicht die Lyricks und schon gar nicht meine Sicht der Dinge. Daher habe ich keine Angst, dass so etwas passieren könnte.

 

Ich habe einen absoluten Lieblingssong auf dem Album: „No survivors“. Wer zur Hölle ist für diese absolut geniale, cleane Gesangspassage verantwortlich. Doch nicht etwa Du, oder?

 

(lacht) Nee, das ist ein Freund von mir, der bei einer Band namens The wounded singt. Er hat die absolut perfekte Stimme für diese Passagen und hat sofort zugesagt. Diese Dualität zwischen meiner Stimme und der Kopfstimme drückt die Unterschiede in diesem Krieg aus. Ich habe alle Texte aus einer neutralen Sicht geschrieben, dennoch war es mir wichtig, auch die andere Seite zu zeigen. Bei „Poison fog“ hast du den Soldaten, der den Giftgas Angriff überlebt, bei „No survivors“ den Soldaten, der bei einem Angriff der Franzosen getötet wird. Diese andere Seite darzustellen war mir besonders wichtig und wurde mit den verschiedenen Stimmen perfekt umgesetzt.

 

Du hast mit Susan Gerl nun eine Gitarristin an Bord. War das eine große Umstellung für Dich?

 

Oh ja, hahaha. Nachdem Isaac die Band verlassen, wollten wir eigentlich erst die Platte fertig machen und danach nach einem Ersatz suchen, doch 3 Leute haben davon Wind bekommen, dass Isaac nicht mehr bei uns wäre und haben um eine Audition gebeten. Eine davon war Susan. Wir kannten sie bereits seit Jahren und wussten, dass sie sehr professionell und vor allem fanatisch ist (lacht) Wir wussten also schon im Vorfeld, was uns erwartet, doch wir wurden richtig überrascht. Susan spielt die Soli von Isaac wie Isaac und passt absolut perfekt zu uns.

 

Hat es Dich gefreut, das Roel Sanders wieder hinter die Schießbude zurückgekehrt ist? Immerhin hat er ja mit Dir zusammen „Bloody blasphemy“ und „Grand grimoire“ eingetrümmert…

 

Sehr sogar. Wir haben uns vor ein paar Jahren auf einem Festival getroffen, bei dem er im Publikum war. Nun wusste ich, dass er bei Epica eingestiegen und dort ziemlich beschäftigt war. Doch er sagte zu mir nur: Ich würde lieber wieder bei God dethroned spielen. Nun waren wir beide später am Abend ziemlich voll und ich dachte und ich bot ihm an, wieder bei uns einzusteigen. Zu dem Zeitpunkt dachte ich, dass es nur so ein loser Spruch gewesen wäre. Doch bei einem Telefonat eine Woche später bekräftigte er nur noch seine Absicht und somit war die Sache dann geritzt.

 

Wann geht’s auf Tour?

 

Wir starten unsere Touraktivitäten exakt an dem Tag, als Franz Ferdinand in Sarajevo ermordet wurde und somit was auslöste? Richtig, den ersten Weltkrieg. Tourauftakt ist der 28.Juni, also exakt 95 Jahre danach. Ein perfekter Auftakt. Dann gibt es ein paar Festivals, Süd- und Nordamerika und zum Ende des Jahres dann Europa. Wir werden all das nachholen, was wir in den letzten Jahren versäumt haben.

 

by olaf

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