Dennoch habt Ihr mit Euren Alben bewiesen, dass es geht und wunderbar funktioniert. Dem ungeachtet gab es doch mit Sicherheit Anfeindungen, gerade aus der beim Ragnarök in Massen vorhandenen Black/Pagan/Viking Szene, die ja nun nicht gerade als besonders liberal gilt.
Inga: Ich hatte heute permanent einen Stinkefinger vor der Nase, aber mit ein bisschen Winken und Lächeln ist der dann irgendwann abgehauen (lacht).
Sly: Also Anfeindungen habe ich so auch noch nicht erlebt. Wem’s nicht gefällt, der dreht sich meistens um und geht und das ist auch völlig o.k.
Nun war ja Van Canto eigentlich als Studioprojekt konzipiert. Wie oder wann kam dann die Initialzündung zu sagen: So, wir müssen jetzt raus auf die Bühne?
Inga: Es kamen Liveanfragen und da haben wir uns erstmals Gedanken gemacht, wie wir unsere Musik auf der Bühne umsetzen könnten oder was wir dafür überhaupt für ein Equipment benötigen würden. Oder inwieweit wir die Songs umstellen müssten. Im Studio lässt sich vieles kaschieren oder anders machen als live, daher war diese Herangehensweise eine völlig neue Herausforderung für uns. Wir haben dafür jedenfalls eine Menge üben müssen…
Sly: Was wir auch immer noch tun. Vor den ersten Gigs war der Respekt unsererseits sehr groß, doch mittlerweile sind wir technisch alle ziemlich ausgereift, so dass lediglich noch Feinarbeit verrichtet werden muss. Außer wir müssen irgendwann mal den Techniker austauschen, weil der schlechter wird, hahaha.
Inga: Wir entwickeln und ganz kontinuierlich weiter, wie jede andere Band auch. Das ist der Lauf der Dinge.
Ihr bleibt aber hoffentlich Eurer Linie treu und streut live weiterhin ein paar Coverversionen ein?
Inga: Klar, wobei ich heute hören musste, dass das peinlich wäre…
Ich jedenfalls hatte bei Eurer Version von Maidens „Fear of the dark“, bei der die ganze Halle mitsang, Erpelpelle bis in die Fußsohlen…
Inga: Das ging mir genauso. Vor allem wenn man sieht, das die ersten Reihen alle mitsingen. Das funktioniert live einfach grandios. Das geht allerdings nur mit Songs, die das Publikum auch kennt und die Acapella umsetzbar sind. Mir machen diese Versionen unendlich viel Spaß.
Sly: Wir werden dennoch mehr Augenmerk auf eigene Songs legen, denn dafür haben wir einfach viel zu viel gutes Material. Aber auch die Covers werden wir nicht aus den Augen verlieren und hier und da auch ein paar Gastmusiker mit einbauen, um die ganze Sache noch ein wenig bunter zu gestalten.
Wie kann man sich bei Euch eigentlich den Songwriting Prozess vorstellen? Wird da einfach wild drauf losgesungen?
Inga: Nee, hahaha. Die Sachen entstehen am Klavier und der Gitarre und danach wird geschaut, wie man das auf die Stimmen umsetzen kann.
Sly: Manchmal schreiben wir auch erst die Texte und komponieren dann drum herum. Der Entstehungsprozess eines Songs ist bei uns nicht anders, als bei vielen anderen Bands auch.
Manche haben Euch vorgeworfen, dass der „Titel“ Acapella gar nicht mehr passt, seit Ihr mit Basti einen Drummer in der Band habt…
Inga: Wie soll das denn sonst funktionieren? Da wäre die Bezeichnung „Metal“ ja gar nicht mehr existent. Außerdem sind wir die absolut erste Acapella Metal Band und können daher von vornherein festlegen: Acapella Metal ist mit Drums. Punkt, hahaha.
Sly: Wir haben das einmal mit Beatbox versucht, was aber überhaupt nicht funktioniert hat. Außerdem ist der Verschleiß von Sängern gerade bei den Doublebass-Passagen enorm hoch (lacht).
Auf Eurem aktuellen Album „Tribe of force“ gab es viele Überraschungselemente. Allen voran Dein „Gitarrenduell“ mit Victor Smolinski. Wie kann man sich das vorstellen? Geht so ein begnadeter Gitarrist wie Victor einer ist, mit der nötigen Ernsthaftigkeit an solch ein Unterfangen oder sieht er das mehr als Gaudi?
Inga: Ich war das gar nicht, das war der Stef. Auf jeden Fall gab es einige Mails, in denen die Leute uns dafür beglückwünscht haben, nun doch einen Gitarristen in der Band zu haben, was Stef immer wieder als großes Kompliment ansah. Victor ist die ganze Sache voll professionell angegangen…
Sly: Er kam ins Studio, hat sich die Sachen angehört und fand die Aktion total spannend. Die Aufnahmen selbst gingen ebenfalls sehr locker von der hand. Er fand das sogar so klasse, dass er uns anbot, bei Interviews immer wieder darauf hinzuweisen, dass er bei uns ein Gitarrensolo beigetragen hat, was natürlich total cool ist.
Inga: Wir knien im Staub, wir sind Erde, wir sind Asche, hahaha.
Gab es eigentlich von den von Euch gecoverten Bands wie Maiden, Nightwish oder Metallica, wo Ulrich ja über jeden Schritt seiner Musik vertraut ist (und dabei oft das Schlagzeugspielen vergisst) irgendwelches Feedback?
Inga: Von den ganz Großen leider nicht. Allerdings haben wir von Toumas und Annet von Nightwish und auch Tarja positive Resonanzen bekommen, was uns natürlich tierisch gefreut hat.
Dann bietet sich ja ein Duett beim diesjährigen Wacken an…
Inga: Bin ich sofort dabei, hahaha.
Dafür seid Ihr ja beim Grave Digger Jubiläums Gig mit von der Partie…
Sly: Und machen da, bis auf 3 Songs, alle Chöre. Da freuen wir uns riesig drauf.
Bei „Magic taborea“ habt Ihr erstmalig mit einem Orchester gearbeitet und mich mächtig enttäuscht…
Inga: Wieso?
Weil der Song einfach zu kurz geworden ist.
(beide lachen) Inga: Ich dachte schon: Was kommt denn jetzt? Stimmt, ich hätte ihn auch gerne länger gehabt.
Sly: Das war ja für ein Computerspiel gedacht und daher waren die Rahmenbedingungen für den Song seitens der Firma klar vorgegeben.
Wie war Eure gerade erst beendete Tour?
Sly: Super, in Berlin hatten wir mit dem Knaack zwar die kleinste Location, aber dennoch war die Stimmung überall bombig. Hamburg war klasse, Essen auch und überall sind die Leute toll mitgegangen. Es war aber auch teilweise etwas stressig…
Inga: Wenn einer mit der Rüsselseuche anfing, ging das Reih um. Ich kann mir gar nicht vorstellen wie das bei einer Band mit einem Sänger ist, der dann irgendwann mal seine Anwandlungen bekommt. Bei uns sind’s halt 5, hahaha.
Sly: Im Oktober supporten wir ja noch Blind Guardian auf ihrer Tour. Das wird für uns ebenfalls ein Großereignis.
Was habt Ihr für einen musikalischen Background? Sprich, welche Metalbands haben Euch beeinflusst?
Inga: Ich habe wirklich und wahrhaftig mit Blind Guardian angefangen. Das war mein Einstieg.
Dazu muss ich sagen, das Leute aus meinen Umfeld, die Euch das erste Mal sahen gleich sagten: Oh, kommen da Rammsteins kleine Brüder, respektive Schwester…
Sly: Das geht ja noch in Ordnung. Manchmal hieß es, ich wäre Robbie Williams (lacht). Das fegen wir weg. Ich selbst höre seit 10 Jahren Metal und höre eigentlich alles durch die Bank weg.
Was würde eigentlich passieren, wenn ein Bandmitglied aussteigen würde? Man inseriert ja nicht einfach mal: Suche einen neuen Gitarristen, was einfach wäre.
Inga: Hah! Gute Frage…(betretendes Schweigen breitet sich aus)
Sly: Stef hat bei der Bandgründung sehr auf Herz und Leidenschaft geachtet und hat nicht wild irgendwelche Sänger verpflichtet.
Inga: Jedem von uns bedeutet die Band sehr viel und daher ist diese Situation momentan gar nicht abzusehen. Aber wenn doch…hmmm…
Sly: Austauschbar ist sicherlich jeder, dennoch wären man da an einem Scheideweg. Einen Schlagzeuger haben wir ja schon ausgetauscht…
Sorry, aber Drummer sind austauschbar, Stimmen weniger…
Inga: Stimmt. Gott sei Dank haben wir diese Situation noch nicht gehabt. Wir bleiben bis zu unserem Bühnentod zusammen und machen Metal mit dem Mund, hahaha.