20. April 2024


           
Wacken Open Air 2015

 

 

 
         
 

Bericht

Am: 30.07. - 01.08.2015
Anlass: Wacken Open Air in Wacken (Schleswig-Holstein)
Autoren: Tino [ts] & Torsti [tr]
Bilder:
Toni B. Gunner (www.mondkringel-photography.de)

Samstag, 01.08.2015

Endlich! Der Boden trocknet langsam ab. Als regelmäßiger Wacken Gänger strömt einem der gewohnt modrige Geruch in die Nase und der Untergrund gewinnt mit jeder Minute Sonnenschein an Festigkeit hinzu. Da an diesem Tage bis in die Nacht hinein Highlights auf dem Programm stehen, fällt der Aufbruch heute ebenfalls nicht leicht. Die letzten Tage haben reichlich Energie gekostet und somit zogen wir es vor noch etwas am Camp zu chillen, Smalltalk zu halten und ein wenig Bier zu trinken. Bands wie Avatar, Kataklysm, Amorphis oder Powerwolf mussten daher leider ohne unsere Anwesenheit auskommen.

Powerwolf auf dem Wacken Open Air 2015
Powerwolf

Angeheitert machten wir uns heute auf, in das Abenteuer Shuttlebus. Dieser fuhr tatsächlich, blieb aber dann kurz vorm Ziel aufgrund von Rettungsaktivitäten stehen. Also durften wir durch den Notausgang hinauf aufs Infield wo gerade Danko Jones die Gemüter erregte. Mit seinem kernigen Rock'n'Roll ist der Kanadier auf der True Metal Stage heute irgendwie ein Paradiesvogel und seine kauzigen Ansagen haben auch nicht minderen Unterhaltungswert. Die Frage „Do you wanna rock“ kann man sicher einigen Wacken Pilgerern zu Recht stellen, doch von denen findet man heute nur wenige vor der Bühne. Alle die sich aufgerafft haben und durch den Matsch zur Bühne gelaufen sind, hatten auch wirklich Bock zu Rocken. Danko Jones lieferten mit Krachern der Marke „First date“, „Legs“, „Cadillac“ und dem Hit vom neuesten Output „Gonna be a fight tonight“ den perfekten Soundtrack für eine launige Nachmittags Sause. Ich wurde an dieser Stelle mal wieder bestätigt, dass auf Platte mir die Musik nicht so gut gefällt, dass aber Live durch das sympathische Charisma des Fronters die ganze Sache eine total andere Dimension bekommt.

Im Anschluss daran hieß es mal wieder: Entscheidung treffen! Biohazard oder Rock meets Classic hießen die Wahlmöglichkeiten. Da die Hit dichte zum Ende des Rock meets Classic Auftrittes sicher größer sein wird fanden wir uns erst mal an der Party Stage ein um ein wenig den New York Hardcore zu fröhnen. Eigentlich sollte man meinen eine solche Legende hätte genug Songs im Repertoire, da überrascht es doch etwas, das man mit „We're only gonna die“ von Bad Religion, also einem Cover Song in den Set einsteigt. Was aber dann folgt ist die geballte Energie, von Männern in den mittvierzigern, denen man es nicht anmerkt. Testosteron Batzen wie „Howard beach“, „Punishment“ und „Tales from the hard side“ zeigen deutlich wie der Hase zu laufen hat. Die Seiten-Fraktion tobt über die Bühne als hätten Sie gerade diverse Duracell-Häschen zum Frühstück verspeist.

Nun aber flugs rüber zum All-Star Ensemble auf der Black Stage. Gerade als wir unsere Plätze sicherten, gab Joe Lynn Turner die Rainbow Songs „I surrender“, „Stargazer“ und „Spotlight kid“ zum besten. Gut das seine Stimme nicht so geliftet klingt wie er aussieht. Die Orchestrierung des Auftrittes kommt perfekt und die mit Sorgfalt ausgewählten Songs klingen auch im Orchester Gewand einfach gut. Was könnte da besser passen als Michael Kiske die vor Bombast triefenden Helloween Songs „A little time“, „Kids of the century“ und „I want out“ singen zu lassen? Nichts, also gesagt getan! Was eine Band wie Van Canto sonst treibt, wird hier mit viel mehr Niveau zum besten gegeben, trotzdem ist der Party Faktor noch um einiges höher. Die meisten, die vor der Bühne stehen sind textsicher und feiern Songs Ihrer jugend ab. Besonders beeindruckend war dann jedoch der Auftritt von Twisted Sister Frontmann Dee Sneider, bei dessen Vortrag von „We're not gonna take it“ plötzlich das gesamte Backstage Zelt, in dem wir uns mittlerweile wieder eigefunden hatten, den Refrain mitgröhlte. Ein ganz erhabener Moment den ich wohl noch sehr lang in freudiger Erinnerung halten werde.

Im Anschluss daran gab ein weiteres All-Star Projekt seinen zweiten Auftritt in Wacken. Exakt 10 Jahre ist es her, das Bloodbath mit Mikael Åkerfeldt (Opeth) am Mikrofon auf den Wacken Bühnen standen. Dieses Jahr wurde der Auftritt ebenso spannend erwartet wie damals. Heute hat den Sängerposten Nick Holmes (Paradise Lost) inne und viele attestieren dem Briten nicht unbedingt für diese Position in Frage zu kommen. Das er auch heute noch grunzen kann wie ein großer hat er auf der letzten Bloodbath Scheibe unter Beweis gestellt, doch Live ist halt immer noch anders. Ohne Frage hat sein Organ Qualitäten, bei alten Songs wie „Curch of Vastitas“ oder „Weak aside“ fehlt doch ein wenig die Tiefe. Stageacting läuft bei ihm ebenfalls in einem sehr engen Rahmen ab, so das am Ende des Auftrittes nur eine Mittelmäßige Leistung zu bescheinigen bleibt. Ein kleines Schmanckerl am Ende war dann aber sicher noch der Gastauftritt von Dan Swanö, der dem Song „Eaten“ mit seiner Stimme in gewohnte Dimensionen verhalf.

Bloodbath (Nick Holmes) auf dem Wacken open Air 2015
Bloodbath

Wer nun noch nicht genug Death Metal hatte, der konnte sich vor der Party Stage von den Cannibal Corpse eine weitere Dosis abholen, ich entschied mich für die Spaßfraktion und ging zu Sabaton vor die Bühne. Unglaublich was hier vom ersten Moment an für Stimmung aufkam. Schon bei „To Hell and back“ frisst die Menge vor der Bühne förmlich aus der Hand von Frontmann Joakim Brodén. Bis zu den Soundtowern schien die Masse zu hüpfen. Zwischen den Songs gab es natürlich auch die obligatorischen „Noch ein Bier“-Rufe, die ein bis über beide Wangen grinsender Frontmann gekonnt entgegen nahm und daraus seine unterhaltsamen Ansagen strickte. In puncto Ansagen lieferte er ich mit Danko Jones heute ein klares Kopf an Kopf-Rennen. Bei dem Wort Schießbude denkt der Durschnittsmetaller natürlich an ein Schlagzeug, aber das Sabaton heute das Schlagzeug in einen Papp-Panzer eingebettet haben lässt einen doch schon etwas schmunzeln. Was die Songauswahl angeht, so können die Schweden-Krieger auch hier wieder von einem klaren Sieg sprechen, ich spare mir an dieser Stelle sämtliche Ausschmückungen das die Setlist in meinem, vom Alkohol beeinflussten, Geschreibsel nicht wirklich leserlich war. Einzig und allein „40-1“ vermisste ich.

Sabaton auf dem Wacken Open Air 2015
Sabaton

Irgendwie muss mich vor 3 Jahren an genau dieser Stelle der Blitz getroffen haben, oder so ähnlich... Ich kann mir diese entfachte Leidenschaft für Heavy Metal in dieser Form sonst kaum erklären. 2012, Judas Priest, ich war hin und weg, also sollte auch jetzt ein Moment sein, dem ich nicht entfliehen konnte. Rob Halford brachte wieder eine gute Gesangsperformance. Natürlich, wer lange sucht, findet immer wieder was zu meckern. Ich finde jedoch das man in dem Alter durchaus Respekt zollen sollte für das was diese Herren dort oben noch leisten. Das die Stimme dann nicht mehr so klingt wie mitte Zwanzig ist ganz klar. Das einzige was hier und da etwas Besorgnis erweckt ist das etwas ziel- und orientierungslose herum laufen des Metal-Gott. Der Auftritt baut sich heut Abend langsam auf, selbst „Redemeer of souls“ wirkt heute gut integriert. Kurz danach geht es dann aber Schlag auf Schlag. „Jawbreaker“, „Breaking the law“, „Hell bent for leather“ und die beiden obligatorischen Rausschmeißer „Painkiller“ und „Living after midnight“ machen dann insgesamt rundum zufrieden.

Bei der anschließenden Frage, ob nun Cradle of Filth oder Santiano mein Festival beschließen, entscheide ich mich für das letzte Bier mit lieben Freunden im Backstagebereich. Das Gekeife von Herrn Filth kommt schon wie auf dem RockHarz eher dürftig herüber. Also alles richtig gemacht und einen wunderbaren letzten Abend gehabt.

Mit etwas kleinen Augen und ziemlichen Startschwierigkeiten am Sonntagmorgen ging es dann aber doch sicher und gut vom Platz. Der meiste Schlamm war bereits getrocknet und etliche Autos vor uns hatten einen Weg durch den Acker bereitet. Einzig die Abfahrt lief deutlich schlechter als in den Jahren zuvor. Etliche Male kam der Verkehr zum Erliegen. [tr]

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