18. April 2024


           
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Powerwolf Interview

Mit dem dritten Werk „Bible of the beast“ haben mich Powerwolf aufs angenehmste überrascht. Nicht nur, das es die Mannen um den charismatischen Frontmann Attila Dorn geschafft haben, ihren absoluten Überraschungserfolg „Lupus dei“ zu toppen, auf dem dritten Album gibt es mit einer original in einer Kirche eingespielten Orgel und einem 25köpfigen Chor genug Originalität, Dramaturgie und einfach nur gute Songs für 2 Alben. Dies war natürlich ein perfekter Anlass, um mit Matthew Greywolf mal ausführlich zu schwatzen, der sich als sehr auskunftsfreudiger Zeitgenosse entpuppte. Viele Spaß…

Waren die durchweg euphorischen Kritiken zu „Lupus dei“ eher Ansporn oder Damokles Schwert?

 

Um ehrlich zu sein: Beides. Es ist eine Ehre für uns, dass so viele Leute „Lupus dei“ lieben, aber natürlich macht es das auch nicht gerade einfacher, wenn es darum geht, einen Nachfolger zu schreiben. Letzten Endes war es aber doch mehr Motivation als Druck, zu wissen, dass nicht wenige auf ein Nachfolgelabum warten, und der Erfolg von „Lupus dei“ hat uns auch sehr viel Selbstvertrauen gegeben. Als wir aber den ersten Song für „Bible oft he beast“ geschrieben hatten, war alles andere ohnehin egal, denn wir waren von da an regelrecht besessen davon, das Album zu schreiben, und verschwendeten keinen Gedanken mehr daran, was irgendwer von uns erwarten könnte.

 

Ihr ward im Anschluss mit Candlemass, Grave Digger und Brainstorm auf Tour. Welche der angesprochenen Bands passten für Euch stilistisch am besten zu Euch und mit wem hattet Ihr den meisten Spaß?

 

Alle drei Touren haben auf Ihre weise gepasst, wir hatten solch unterschiedliche Touren ja auch bewusst ausgesucht. Die Tour mit Candlemass war ein gewagtes Experiment, das war von vornherein klar. Powerwolf ist nicht die typische Band, die vor einem Doom-Publikum eröffnet. Wir mussten jeden Abend um jeden Einzelnen Zuschauer kämpfen, und genau das war eine gute und wichtige Erfahrung für uns, bei der wir viel gelernt haben. Bei den Tourneen mit Grave Digger und Brainstorm war es natürlich ein wenig einfacher für uns, und die Reaktionen einfach unglaublich. Besonders viel Spaß hatten wir, als wir mit Grave Digger unterwegs waren, da hatte einfach alles gestimmt: Die Zusammenstellung der Bands hat super funktioniert, und die Grave digger-Jungs samt Crew sind einfach supernette Zeitgenossen.

 

Ist Eure neue Platte „Bible of the beast“ tatsächlich deswegen so frisch ausgefallen, da Ihr direkt nach der obergeilen Wacken Performance angefangen habt, die Energie in Songs umzuwandeln?

 

Ich denke schon. Wir waren quasi noch im „Live-Modus“, als wir uns ans Songwriting machten, und das macht schon einen Unterschied. Ist die letzte Show erstmal ein Paar Wochen her, ist man im Kopf schon wieder ein Stück weit weg von dem, was es wirklich ausmacht, diese Musik zu spielen: Nämlich zusammen mit dem Publikum eine coole Metalparty zu feiern. Da wir dieses Mal bewusst auf eine Pause verzichtet hatten, wurden die ersten Songideen durch die Bank rauer, härter, und auch Rhythmischer. Gerade an Attilas Gesang kann man das gut hören: Er singt auf „Bible…“ viel rauer und aggressiver – so wie er in der Vergangenheit auch Live oft gesungen hat. Ich denke dass „Bible…“ daher trotz all der Chöre und Orgeln, das direkteste unserer bisherigen Alben ist, es spiegelt genau das Feeling unserer Shows wieder.

 

Was hat sich denn bei Attila so alles angestaut? Seine Vocals klingen im Vergleich zu Euren ersten beiden Scheiben viel heavier.

 

Wie gesagt: Auch Attila war in Gedanken noch auf der Bühne, und dort geht es eben weniger darum, ausgefeilt und sauber zu klingen, sondern um Feeling, um Energie, und das hört man seiner Stimme an.

 

Textlich geht es um den Fürsten der Finsternis. Den Ansatz, dass das Christentum im Allgemeinen für die Erschaffung des Teufels verantwortlich ist, finde ich sehr interessant. Dennoch musste ich bei einem Titel wie „Raise your fist, Evangelist“ doch etwas schmunzeln. Ihr scheint das Thema an sich sehr ernst zu nehmen. Inwieweit ist Powerwolf okkult oder spirituell? Erzähl mir doch ein bisschen was über Eure Texte.

 

Es ist wichtig zu unterscheiden: Wir schreiben manche Textzeile oder manchen Songtitel mit einem Augenzwinkern, wir lieben es einfach mit Worten und reimen zu spielen, aber wir schreiben keine Funtexte. Powerwolf ist KEINE Funband. Wir nehmen unsere Texte und deren Hintergründe durchaus ernst. Klar, wir verpacken unsere Texte auch so, dass sie zu unseren Songs passen. Ein guter Metalsong verlangt einfach nach einem Metaltext und entsprechendem Vokabular. Damit gewinnst du keinen Literaturpreis, aber darum geht es auch nicht. Wir singen größtenteils über religiöse Mythen und Gleichnisse, und da wir als Privatmenschen alle in der ein oder anderen weise spirituell oder religiös interessierte Menschen sind, nehmen wir das auch sehr ernst. Aber wir erlauben es uns eben auch hier und da mal ein Augenzwinkern einzubauen, auch um deutlich zu machen, dass wir niemanden Missionieren oder Überzeugen wollen von irgendwas. Wir berichten über religiöse Themen in unseren Texten, aber wir tun das mit Abstand und eben ab und zu mit einem Augenzwinkern. Wichtig ist für uns aber: Man kann diese Art – nenn es Humor – sehen und mögen oder auch nicht – man muss diesen Humor aber auch nicht wahrnehmen, um unsere Musik zu verstehen oder zu mögen: Unsere Songs funktionieren auch ohne solche Wortspiele, und bleiben gute Songs, und das ist das, was zählt.

 

Bei einigen Textpassagen von „Moscow after dark“ kommt es mir so vor, als wenn der Text nicht in Englisch abgefasst wäre…

 

Das ist richtig. Das ist Russisch. Sagt zumindest Attila, hahaha. Da keiner von uns des russischen mächtig ist außer Attila, der wohl in grauer Vorzeit in der Schule russisch pauken musste, kann ich Dir leider auch nicht viel darüber sagen, außer, dass die Idee zu dem Song von dem Film „Wächter der Nacht“ beeinflusst wurden. Wir sahen den Film nachts im Tourbus, und hatten spontan die Idee, in einen Song Osteuropäische Einflüsse einzubauen. Am nächsten Tag spielten wir während des Soundchecks ein paar Riffs und Melodien an, nahmen das gleich mal provisorisch auf, und irgendwann während wir das Album schrieben, tauchten diese Aufnahmen wieder auf…

 

Ihr habt ja die Orgelparts in einer Kirche in Thionville eingespielt. Wie haben denn die dortigen Leute darauf reagiert, das eine Metalband in ihrem Gotteshaus Parts für ein, sagen wir mal, „unchristliches“ Album einspielt?

 

Wie du Dir sicher vorstellen kannst: Einfach war das nicht, und wir haben uns die Ohren wund telefoniert, um eine Kirche zu finden, in der wir Aufnehmen durften. Spätestens nach der Frage, um welche Art Musik es denn gehen würde, war das Gespräch meistens beendet, hahaha…. Daher hatten wir uns bei der Kirche in Nordfrankreich, in der wir letzten Endes aufnahmen auch als „Rockband“ getarnt… und den Albumtitel haben wir auch verschwiegen, hahaha…

 

Ihr sagtet mal, dass kein Keyboard der Welt diesen Orgelsound auch nur annähernd ersetzen kann. Wie werdet Ihr diese wirklich fantastischen Parts live umsetzen? Oder können wir bei der Tour einen Extra Anhänger am Tourbus für die Orgel erwarten J ?

 

Das wäre sicherlich lustig, aber unsere Bandscheiben wären davon wahrscheinlich wenig begeistert… nein, live müssen wir mit einem Keyboard arbeiten, das geht leider nicht anders.

 

Ebenso stelle ich es mir mehr als schwierig vor, Eure 25 auf dem Album befindlichen Sänger des Chores zu integrieren. Wie wollt Ihr das umsetzen?

 

Die Chöre werden – wie auch in der Vergangenheit – von Band kommen. Wir gehen da offen mit um, warum auch nicht? Es ist ja kein Geheimnis, dass eine Band wie Powerwolf nicht mal eben 25 Leute mit auf Tour nehmen kann. Wir finden es aber auch nicht schlimm, dass die Chöre eingespielt werden, denn live sind die ohnehin nicht so wichtig. Live geht es in erster Linie darum, dass die Band, die auf der Bühne steht überzeugen kann und es schafft, das Publikum zu unterhalten. Ob dann noch Chöre dazu kommen oder nicht, ist nicht so wichtig, das ist eher ein Zusatz. Es ist uns daher auch schon beim Songwriting für ein Album sehr wichtig, dass unsere Songs auch ohne all die Chöre noch gut funktionieren. Denn wenn ein Song scheisse ist, kannst du da draufpacken, was du willst, der Song wird immer scheisse bleiben. Wenn ein Song dagegen gut funktioniert, und du ihn als Band überzeugend rüberbringen kannst, dann spielt es auch nicht wirklich eine Rolle, ob da jetzt noch ein Chor zu hören ist oder nicht…

War diese Zusammenarbeit ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist?

 

Natürlich. Nicht viele Bands haben die Gelegenheit mit einem solchen Chor zu arbeiten, zumal alle Chorsänger und Sängerinnen ehrenamtlich für den Wolf gesungen haben. Es hat schon mächtig Gänsehautfeeling, wenn 25 klassische Sänger und Sängerinnen deine Songs singen….

 

Wie hat denn Fredrik Nordstörm vor dem Mix reagiert, als er diese massive und innovative Scheibe zum ersten Mal hörte? Hatte er dann doch etwas Bammel?

 

Hahaha, kann sein… dann hat er es aber geschickt überspielt… Nein, Fredrik ist einer der besten Metalproduzenten überhaupt und vor allem dann unschlagbar, wenn es darum geht, orchestrale Arrangements mit einem erdigen Metalsound zu verbinden. Ich mag all diese Produktionen nicht, wo unter Orchester und Chören, die eigentliche Band nur noch eine kleine Rolle spielt, und die Gitarren am Ende klingen wie Rasierapparate. Fredrik liegt da Geschmacklich genau auf unserer Linie: Die Instrumente müssen natürlich klingen, es muss verdammt noch mal krachen, und die Chöre und Orgeln machen Atmosphäre ohne dem Rest etwas zu nehmen. Diese große Kunst im Mix beherrscht Fredrik wie kein anderer. Auf den letzten Alben von Dimmu Borgir oder Septic flesh hat er das eindrucksvoll bewiesen, und ich finde auf „Bible…“ hat er sich selbst übertroffen…

 

Warum glaubt Ihr, polarisiert Powerwolf so dermaßen? Ich habe bei Euch immer so das Gefühl: Love it or hate it. Ein Zwischending scheint es da nicht zu geben.

 

Nein, und das ist gut so. Wir wollen nicht everybody´s darling sein. Wir tun das, was wir tun, viel zu konsequent, als dass wir jedem gefallen könnten, und das macht für mich auch einen Teil von Powerwolf aus. Wir tun das, was wir wollen, und das ohne jede Rücksicht auf Erwartungen oder Reaktionen. Wenn wir bock drauf haben in einem sog „Hu, ha!“ zu schreien, dann machen wir das. Wir wissen, dass uns dann einige Leute dafür hassen oder nicht ernst nehmen werden, aber das ist uns egal, und das ist unseren Fans egal. Man liebt den Wolf oder man hasst ihn. Wir bieten viel Angriffsfläche, das ist uns bewusst, und wir ärgern uns auch nicht über negative Reaktionen, das gehört dazu. Wir sind keine Konsensband, und wir spielen nicht vor Konsenspublikum, entweder man feiert mit dem Wolf, oder man dreht sich rum und geht. Das schlimmste für uns wäre, wenn uns alle einfach nett und unspektakulär finden…

 

Was ist für Euch wichtiger? Die Aufnahmen und die fertige CD oder die Stücke dann live zu performen?

 

Live zu spielen, ganz klar. Es gibt einfach nichts besseres, als die Leidenschaft für Metal mit dem Publikum zusammen zu zelebrieren.

 

Gibt es für Eure Musik irgendwelche gravierenden Einflüsse? Mir fiel anfangs beim Hören Eures ersten Werkes immer der Name King Diamond ein…zumindest was die Dramaturgie betrifft.

 

Meine persönlich größten Einflüsse sind Iron maiden und Black sabbath. Aber natürlich kennen und schätzen wir auch den König aus Dänemark…

 

Welches sind Eure 3 Alltime-Faves Alben und warum?

 

Black Sabbath – alles mit Ozzy WEIL: Auf diesen Alben die bösesten Metalriffs aller Zeiten sind.

 

Iron Maiden – „7th son of a 7th son“ – WEIL: Es das Album ist, das wir Wölfe immer hören, wenn wir auf Tour sind

 

Entombed – „Left hand path“ – WEIL: das Album mein Leben verändert hat.

by olaf

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