19. April 2024


           
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Darzamat Interview

 

Darzamat sind klasse! Das gleich einmal vorweg. Selten habe ich eine Platte gehört, die so vor Ideenreichtum, Härte, Virtuosität und Dunkelheit strotzt, wie "Solfernus path" welche letzten Monat das Licht der Welt erblickte. Hauptaugenmerk ist der zweistimmige Gesang zwischen Fronter Flauros und seinem weiblichen Gegenpart Nera, welches hervorragend die Dualität in der Musik der Polen widerspiegelt. Dazu noch ein interessantes Konzept und eine mehr als fette Produktion, fertig ist das August Highlight 2009.

 

Da traf es sich gut, dass Maestro Flauros zur Audienz bat, um mir bereitwillig meine Fragen mehr als ausführlich zu beantworten. Auffi geats, Buam…

Flauros, Glückwunsch zu diesem Meisterwerk und meinem Album des Monats. Die dümmste Frage vorweg: Seid Ihr selber zufrieden oder gab es doch Verbesserungspotential?

 

Vielen Dank für die Blumen. Es ist immer schön, solch ein Feedback zu bekommen und als Musiker der größte Gewinn, wenn andere Leute deinen Sound mögen. Wir sind mehr als zufrieden mit unserem Werk. Es hat uns allerdings eine Menge Arbeit und sehr viel Emotionen abverlangt, „Solfernus path“ zu vollenden. Doch das Resultat spricht für sich und ist in unserem Backkatalog das herausragendste Werk. Jeder einzelne Aspekt, die Musik, die Texte, die Arrangements, der Sound, das Artwork, die Fotografien - wurden von uns mehr als penibel ausgearbeitet. Wir haben all unsere Aufmerksamkeit selbst auf die kleinsten Teilchen des Puzzles gelenkt und sind überglücklich mit dem, was dabei herausgekommen ist.

 

„Solfernus’ path“ ist ja ein Konzeptalbum. Erzähl mir doch bitte ein wenig über die Geschichte hinter der Geschichte…

 

Zum ersten Mal in unserer Bandgeschichte entschieden wir uns für ein Konzeptalbum. Die Idee selbst war nicht ganz so neu, denn ich habe schon eine längere Zeit darüber nachgedacht, wie man eine Geschichte richtig vertonen könnte. Es war einfach eine Frage der Zeit, denn in meiner Jugend war ich fasziniert von Alben, die sie beispielsweise King Diamond gemacht hat und daher war es scheinbar unvermeidbar (lacht). Eine zusammenhängende Geschichte mit Musik und Texten ist eine gigantische Herausforderung und weitaus schwieriger, als einfach 10 neue Songs einzuprügeln, die sich stilistisch kaum unterscheiden. Hier müssen einfach analog zur Geschichte die Musik und die Lyricks Hand in Hand gehen. Man kann diese Herangehensweise mit einem Filmdrehbuch vergleichen, welches ebenfalls die schwere Aufgabe hat, das Publikum in seinen Bann zu ziehen.

 

Die Geschichte auf dem Album spielt in der mystischen Landschaft des Landsitzes der Gräfin Josephine von Küchenmeister. Die Inspiration hierfür haben wir uns in zwei wirklich fantastischen Plätzen in Schlesien geholt, nämlich der Villa Caro in Gliwice und dem Palast in Plawniowice. Die Geschichte selbst spielt Anfang des 20.Jahrhunderts. Unsere Hauptfigur und Held ist ein junger Medizinstudent, der eine geistige Umwandlung durchmacht und das Bestehen der nicht körperlichen Welt erfährt. Dadurch entdeckt er eine andere Seite, die er vorher noch nicht kannte. Die ganze Geschichte wird wie ein Märchen erzählt, die von geheimnisvollen Schlüsselkonzepten durchwoben ist. Nichts ist vorhersehbar, nichts ist klar definiert.

 

Der Namensgebende Solfernus ist nicht der Hauptheld, er ist eher die graue Eminenz im Hintergrund und entspringt einem Charakter eines Buches von Jan Drda, einem tschechischen Dramatiker, mit dem Titel „Playing with the devil“. Er diente lediglich als Inspiration und bedeutete nicht, das wir Drda’s Geschichte komplett übernehmen wollten. Es ist eine groteske und teilweise sogar humorvolle Geschichte. Auf der anderen Seite hat er in unserer Geschichte einen etwas anderen Charakter, näher dran an den Horrorgeschichten des Polnischen Schriftstellers Stefan Grabinski. Es ist eine sehr in sich verwobene Geschichte.

 

Nach „Transkarpatia“ habt Ihr ja erneut mit dem King Diamond Gitarristen Andy LaRoque zusammengearbeitet. Ist er der richtige Mann für die Musik und die Visionen Darzamats?

 

Dies ist ein Missverständnis, welches in letzter Zeit aufgekommen ist und von mir nun spätestens jetzt korrigiert wird. Produziert und gemischt wurde die Platte von Scar Symmetry Gitarrist Jonas Kjellgren. Wir kannten Jonas‘ Arbeit mit Bands wie Katatonia, Sonic syndicate oder Centinex, um nur einige Namen zu nennen. Doch im Endeffekt hat uns Jonas unser guter Freund Marek Dobrowolski empfohlen, der ja bei der One man army das Schlagzeug bedient. Da die Jungs bereits mit Jonas gearbeitet haben, kannten sie ihn mit all seinen Talenten und Fähigkeiten natürlich bereits aus erster Hand. Unser erstes Gespräch mit ihm verlief sehr gut und wir waren optimistisch, den richtigen gefunden zu haben. Jonas mixte einen Song von uns und da war alles klar. Er verstärkt meist nur die Ideen und lässt den Bands ansonsten freien Lauf. Er hört sich sorgfältig und aufmerksam sämtliche Vorschläge der Band an und arbeitet diese entsprechend aus. In meinen Augen ist Jonas momentan einer der besten jungen Produzenten in Europa.

 

Was Andy betrifft, so hat er auf dem neuen Album ein Gitarrensolo auf „King oft he burning anthems“ beigesteuert. Er ist nicht nur nein großartiger Produzent, sondern auch eine herausragende Persönlichkeit und ein exzellenter Gitarrist. Wir hatten uns während der Aufnahmen zu unserem letzten Album getroffen und al sich die Möglichkeit ergab mit ihm zu arbeiten, zögerten wir keine Sekunde. Es ist ein Traum wahr geworden, dass er mit uns zusammengearbeitet hat, vor allem wenn man bedenkt, dass er dazu bereit war, an unserem immer noch andauernden Lernprozess teilzunehmen. Er ist das I-Tüpfelchen und das Kronjuwel in unserer Arbeit vor allem wenn man überlegt, mit wem der Mann schon alles zusammengearbeitet hat.

 

 

Hilf mir doch mal bitte, Euren Musikstil zu definieren. Mit „Vote for heresy“ habt Ihr einen lupenreinen Thrash Track auf dem Album, „Mesmeric seance“ hingegen ist eine totale Black Metal Ganate.

 

Ob Du es glaubst oder nicht, wir tun uns selber extrem schwer, unserer Musik den passenden Namen zu geben (lacht). Mit all den klassischen Elementen, dem Ambiente und all den verschiedenen Einflüssen ist es augenscheinlich am besten, vom Darzamat-Stil zu sprechen (lacht).Ich wundere mich sowieso immer wieder darüber, warum die Leute immer Musik etikettieren müssen. Ist es nicht besser, eine klare Trennlinie zwischen der Musik die man mag und der, die einem absolut nichts gibt, zu ziehen?

 

Eure momentane Besetzung besteht ja ausschließlich aus zwei Stimmen, Keyboards und einer Gitarre. Mit wem arbeitet Ihr im Studio noch zusammen und habt Ihr Session Musiker, die Euch bei Konzerten begleiten?

 

Das ist ziemlich kompliziert. Unser Drummer Darkside hat ja vorher bei Crionics gespielt, die zusammen mit Decapitated in Russland und Weißrussland auf Tour waren und war leider auch in diesen schrecklichen Unfall verwickelt, den Vitek (Drummer von Decapitated) das Leben gekostet hat. Dieser tragische Zwischenfall hat Darkside dazu bewegt, eineinhalb Jahre seine Drumsticks gar nicht anzurühren. Daher haben wir für das neue Album auf die Hilfe von Rogol zurückgegriffen, der hauptamtlich bei den Proggies von Division by zero die Felle gerbt. Er hat uns damit sehr geholfen und einen unglaublich guten Job hingelegt. Doch nun hat sich Darkside erholt und ist wieder am Start. Unser alter Bassist Bacchus hat aus persönlichen Gründen die Segel gestrichen, weshalb seine Parts von unserem Gitarristen Chris eingespielt wurden. Momentan arbeiten wir mit einem neuen Bassisten namens Marcus zusammen, der allerdings noch im Status eines Session Musikers steht. Es ist einfach natürlich, das wir eine gewisse Zeit benötigen, um ihn zu einem vollwertigen Mitglied zu machen. Dieses Arrangement klappt momentan ganz gut. Sein Wille ist auf jeden Fall da, ein echter Darzamat zu werden (lacht).

 

Ihr seid ja neu bei Massacre Records unter Vertrag. Wie kam das zustande?

 

Ende der Neunziger waren wir bereits kurz davor, bei Massacre zu unterschreiben. Unglücklicherweise kam der Deal nicht zustande. Doch nun sind wir mehr als froh, „Solfernus’ path“ dort zu veröffentlichen. Die Platte hat uns quasi wieder die Tür geöffnet (lacht). Insoweit sind unsere Erwartungen der gemeinsamen Zusammenarbeit recht hoch. Wir haben dort einfach mehr Möglichkeiten, als bei den kleineren Labels vorher. Massacre ist für uns ein Sprung vorwärts da wir auch der Meinung sind, von den Erfahrungen, die die Jungs in den Jahren gesammelt haben, profitieren werden. Wir schauen voller Neugier und Zuversicht in unsere Zukunft und sind 100%ig davon überzeugt, das unsere Zusammenarbeit bald reife Früchte tragen wird.

 

 

Als ich Euch das erste Mal hörte, fiel mir unweigerlich Dimmu Borgir als Vergleich ein. Sind solche Vergleiche für Dich eher Segen oder Fluch?

 

Manche musikalische Elemente sind durchaus charakteristisch gleich für die Musik beider Bands, doch ein solcher Vergleich ist allzu sehr vereinfacht. In meinen Augen haben wir eine sehr spezielle Atmosphäre in unserer Musik, die bei keiner anderen Band so vorkommt und das ist unsere Stärke. Mit solchen Bands verglichen zu werden macht mich nicht unglücklich und zeigt mir ganz klar, das der Pfad, den wir eingeschlagen haben, der Richtige ist.

 

Aufgrund des wieder stärker aufkeimenden Katholizismus in Polen haben Bands wie Vader geklagt, das es unglaublich schwer sei, Konzerte oder gar Tourneen in der Heimat zu spielen.

 

Wir haben gerade unsere 10tägige Polen Tour im Februar 2010 bestätigt, was uns eine Menge an Arbeit mit den örtlichen Clubs und Promotern gekostet hat. Aber was wirklich wichtig ist, sind die Fans, die Live Konzerte sehen wollen, gerade im Bereich Black, Thrash, Death oder Grindcore und die werden wir nicht enttäuschen und immer einen Weg finden, für sie zu spielen. Wenn es dann zu solchen Konzerten kommt, ist die Situation vor Ort manchmal schwieriger, aber immer machbar.

 

Da Du es gerade ansprichst, auf Eurer MySpace Seite sind für dieses Jahr lediglich 2 Festival Auftritte angegeben. Wie sieht es denn mit Gigs in Deutschland und Umgebung, Polen jetzt mal ausgenommen, aus?

 

Natürlich wollen wir so viele Gigs wie möglich spielen, um unser neues Material den Leuten zu präsentieren, doch momentan suchen wir dafür die richtige Konzertagentur, die uns dafür die notwendige Unterstützung gibt. Ich hoffe, dass wir diesbezüglich in den nächsten Wochen Vollzug melden können. Momentan kümmern wir uns um diesen Bereich selber und daher ist noch nichts Größeres bei herausgekommen. Jetzt spielen wir erst einmal das Femal Voices Festival in Belgien…

 

…wo ich Euch ziemlich deplatziert finde. All diese Träller-Lerchen mit ihrem Taftröckchen, Doro mal ausgenommen, und dann Ihr mit Euren brachialen Sound…

 

Hey, ich erinnere mich, das auch Arch enemy dort schon gespielt haben und das soll ja was heißen (lacht). Das MFVF ist nicht zu vergleichen mit beispielsweise dem Wave-Gothik Treffen bei Euch in Deutschland, bei dem wir tatsächlich nichts zu suchen hätten. Wir alle haben das Metal heart und daher wäre es komplett falsch, uns irgendwie in die Gothik Ecke drängen zu wollen (lacht). Wir haben zwar einige Elemente davon in unserer Musik, sind aber doch weitaus näher am Metal. Zurück zum Festival: Ich hoffe auf die Fairness des Publikums und deren Offenheit und das wir nicht von der Bühne gebuht werden (lacht).

 

 

Gibt es eigentlich bei den Konzerten Probleme aufgrund Eurer zauberhaften Frontfrau Nera? Wahrscheinlich können sich ein paar Idioten es nicht verkneifen, permanent das Entledigen diverser Kleidungsstücke zu fordern…

 

Glücklicherweise noch nicht. Es gibt schon reichlich Idioten auf der Welt, doch Nera hat in der Beziehung einen großartigen Sinn für Humor und reagiert in solchen Momenten immer wieder aufs Neue mit einschlägigen Argumenten. Wenn Sie etwas Dummes aus dem Publikum hört, wird sie dem Halb-Hirn schon Schmackes geben, so dass sich der arme Bastard nicht mehr traut, seine Fressluke bis zum Ende des Konzerts zu öffnen (lacht).

 

Auf einer Fansite wird Neras Alter mit 99 angegeben. Wie schafft Sie es, in diesem fortgeschrittenen Alter so jung auszusehen?

 

Rock’n’Roll ist ein großartiges Konservierungsmittel (lacht).

 

by olaf

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