29. März 2024


           
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Armored Saint Interview

Wie bereits in meinem Review erwähnt, gibt es wenige Bands auf diesem Planeten, für die ich, um sie noch einmal live erleben zu dürfen, zu Fuß zum Konzert gehen würde, egal wie weit es entfernt wäre. Die aus Pasadena in Kalifornien stammenden Power Metal Götter Armored Saint gehören zu dieser Kategorie von Bands, für die ich glatt meinen linken Unterarm geben würde. Immer musikalisch einen Schritt weiter als die Konkurrenz und dennoch nie mit dem entsprechenden Erfolg gewürdigt sollten sich eigentlich Neid, Missgunst oder Unmut unter den Musikern breitmachen. Nicht so im Falle des sympathischen Fünfers, der nicht nur mit John Bush, der sein einzigartiges Organ auch Anthrax eine Zeit lang lieh und anscheinend dies auch wieder tun wird, einen der besten Metal Sänger aller Zeiten in seinen Reihen hat, sondern auch mit Gonzo und Joey Vera über eines der besten Rhythmus Duos im harten Musikbereich und dem Duo Jeff Duncan / Phil Sandoval verfügt. Selbst persönliche Schicksalsschläge wie der völlig unerwartete und tragische Tod der ehemals treibenden Kraft hinter den Riffs, Dave Prichard im Februar 1990 an einer äußerst aggressiven Form der Leukämie, konnte die Band kompensieren und veröffentlichte in Memorian an ihren Freund 1991 mit „Symbol of salvation“ einen absoluten Meilenstein in der Bandgeschichte.

Doch auch dieses geniale Album konnte immer noch nicht den kommerziellen Durchbruch herbeiführen, woraufhin sich John Bush eben den New Yorker Moshkönigen anschloss, Armored Saint aber dennoch, trotz ihres Splits 1992 und der folgenden Reunion im Jahr 2000 mit dem Comebackalbum „Revelation“ weiterhin  im Hintergrund existent blieben. Nun wäre es aber grob fahrlässig, eine solch großartige Band, die mit Killeralben wie „March of the saint“ oder dem alles überstrahlenden „Raising fear“ meine Metalwelt ziemlich auf den Kopf stellte, als Randbemerkung in der Geschichte des Heavy Metal stehen zu lassen. Vielmehr sollte man den Kalifornischen Fünfer preisen, ihn hochleben lassen und immer und immer wieder auflegen und tierisch abschädeln.

 

Dazu passt auch, dass die Jungs nun nach 26 Jahren ihrer Gründung mit „La raza“, ihrem erst sechsten Studioalbum in dieser recht gigantischen Zeitspanne, ein wahres Meisterwerk harter Klänge abgeliefert haben, welches wahnsinnig entspannt und überhaupt nicht nach Druck oder Erwartungshaltung klingt…

 

„Wir hatten ja auch überhaupt keinen Druck oder was auch immer“ versichert mir ein bestens aufgelegter Gonzo…“wir haben den Entstehungsprozess mit einer Menge Gelächter, Fotosessions und Irrsinn kombiniert. Frag nicht, hahaha“.

 

Diese Relaxtheit hört man nicht nur musikalisch, sondern auch am Titel der „in unserer lateinamerikanischen Community als Slogan der Einheit steht. Oft genug wird VIVA LA RAZA durch die Straßen gerufen. John hat dann diesen Slogan  genutzt und um ihn herum seine Texte geschrieben und La raza in die gesamte Menschheit eingebunden. Frieden, Musik, Liebe und Licht der gesamten Menschheit. An so was glaube ich.“

 

Auch produktionstechnisch verfügt diese geballte Form der Härte über alles, was sich der gediegene Metaljünger wünscht. Und selbst Gonzo scheint dem Endprodukt mehr als positiv gegenüber zu stehen, was ja nicht bei allen Musikern immer selbstverständlich ist.

 

„Doch diesmal bin ich gerade mit meinen aufgenommenen Drum Tracks mehr als 100% zufrieden, was recht selten ist. Mit allen Ecken und Kanten bin ich felsenfest davon überzeugt, dass wir mit La raza einen Homerun geschlagen haben. Rock’n’Roll kann als Kunst niemals perfekt sein, was er ja auch nicht sein soll. Die absolute Perfektion gibt es in meinem Augen eh nur bei Personen die sich vorstellen, perfekt zu sein. Sprich, eine absolute Vervollkommnung existiert nur in den Gedanken eines Einzelnen und ist eine Illusion. John hat gesagt: La raza ist unser großes Ding, dem stimme ich zu. Checkt es einfach selbst aus. Ihr Deutschen könnt das, denn Deutschland rockt!!!“, womit der zu diesem Zeitpunkt knapp 9.000 Kilometer entfernte Drummer mehr als recht hat.

 

Ebenso interessiert mich die oben von mir aufgestellte These, bei Armored Saint handelt es sich mehr um Familie, als um eine Band, was mir Gonzo mit einem “hahaha, ich liebe diese Frage. Naja, wir sind alle auf unsere eigene Art und Weise miteinander glücklich...“ etwas kryptisch beantwortet. Dennoch interessiert mich, wie sich wohl Dave Prichard zu diesem Album geäußert hätte.

 

Ich denke, Dave würde  auf das kollektive Bemühen und die Rekordzeit stolz sein, in der wir das Album in Sack und Tüten gepackt haben. Innerhalb von 6 Wochen hat die Crew des Tranzformer Studios in Burbank uns dabei geholfen, La raza fertig zu stellen. Jegliche Facetten wurden in dieser kurzen Zeitspanne berücksichtigt und erledigt. Im Gegensatz zu dem, was wir in der Vergangenheit an Zeit aufgewendet haben, ist dies wirklich ein Rekord. Ich fühle mich geehrt, mit Leuten wie Brian Carlstrom, dem besten Toningenieur und Studiobesitzer der Welt, John Nuss und Annette Cisners zusammengearbeitet zu haben.“

 

Die Produktion ist in der Tat satt, heavy, dumpf und trocken und kommt mitten auf den Punkt und zeigt Armored Saint angriffslustig und hart wie selten. Dennoch muss die Frage erlaubt sein, wie man sich nach so vielen Jahren und businesstechnischen Rückschlägen diese Frischheit bewahren konnte.

 

„Da frag am besten Joey und John, die das Album ganz alleine geschrieben haben. Aber die Frage ist schon berechtigt wenn man bedenkt, das wir in den letzten 19  Jahren gerade mal 2 Veröffentlichungen vorweisen können. Die Frische selbst resultiert mit Sicherheit aus unserer gemeinsamen Liebe zur Musik, die sich über die Jahre kontinuierlich weiter entwickelt hat. Die Magie unserer Musik hat sich durch die perfekte Bandchemie einfach entwickelt und ist auf einem hohen Niveau geblieben. Außerdem glaube ich, dass die langen Zeitspannen zwischen den Alben die frische Aura behalten hat und uns dadurch immer noch interessant macht. Musik besteht einzig aus 12 Noten und dient dem Verfasser lediglich dazu, seine Arrangements, Ideen und Kreativität auszuleben und zu vertonen. Wir sind im Grundwesen alle gleich und haben dennoch so viele unterschiedliche Einflüsse. Ich bin mit La raza mehr als glücklich, denn das Ergebnis ist das Beste, was Armored Saint als Gemeinschaft abliefern konnten.“

 

Gerade dieser Enthusiasmus macht es immer wieder spannend, die Musik der gepanzerten Heiligen auf sich wirken zu lassen. Ebenso war die Stimme von John Bush der einzige Grund, weshalb ich nach 1993 noch Anthrax gehört habe. Dann kam der unrühmlich Rauswurf für eine Reunion mit Joey Belladonna, um noch einmal richtig abzusahnen. Doch der Schuss ging nach hinten los. Joey hatte keinen Bock mehr und dessen Nachfolger Dan Nelson schaffte es nicht einmal zu CD Ehren und wurde kurz vor der Veröffentlichung heraus komplimentiert. Also kam Scott Ian und Co. auf allen Vierern angekrochen, um John Bush von einem erneuten Engagement bei den Milzbranderregern zu überzeugen, welches sich allerdings nach derzeitigem Sachstand ausschließlich auf die im Sommer anstehenden Festivals begrenzt. „Mehr weiß ich auch nicht, da frag mal lieber bei John direkt nach“, unterbricht Gonzo dann auch gleich meinen Gedankengang. Dennoch hört sich seine Stimme aktuell um ein vielfaches entspannter an, als auf dem letzten Anthrax Album „The greater of two evils“…“Seine Stimme auf La raza ist besser denn je, alles weitere frag ihn bitte…“ lässt sich Gonzo auch erneut nicht aus der Reserve locken.

 

Ebenso wenig kann mir der Drummer Auskunft darüber geben, ob sich John und Joey mit ihren zwei Episoden von „Cooking with Armored saint“ (

Part 1 Part 2) ein zweites berufliches Standbein aufbauen. „Das war deren Idee. Aber ich koche auch. Wenn Du auf mexikanisches Essen, die schärfste Salsa der Welt, eine Guacamole zum sterben und Gonzos Rock’n’Roll Tacos stehst, komm vorbei, hahaha“, was ich bei passender Gelegenheit selbstverständlich machen werde, versprochen.

 

Dennoch liegt mir immer noch der Umstand auf dem Herzen, warum alle möglichen Bands, die mit Armored Saint zusammen starteten, heute mehr Erfolg haben, als die Power Metal Götter, was Gonzo ziemlich lässig abtut. „Wir waren jung und hatten noch keine richtige Richtung. Dazu kamen einige wirklich blöde Entscheidungen, die uns etwas aus der Bahn warfen. Doch ich sehe es von der positiven Seite: Wir haben ein hammerhartes Album am Start und viele, der von Dir angesprochenen Bands existieren heute gar nicht mehr.“, womit er Recht hat. Dem ungeachtet scheint es aber momentan eine prima Zeit für große Comebacks zu sein. Heathen hauen einen Meilenstein raus, Anvil sind nach ihrem beeindruckenden Film wieder in aller Munde und nun auch Ihr…“Comeback? Waren wir denn je weg? Hahaha. Ich bin einfach nur stolz auf das, was wir mit La raza geschafft haben und uns die weltweite Metalgemeinde einmal mehr vereinnahmt hat. Es ist ein tolles Gefühl.“ Das schreit natürlich umso mehr nach Liveaktivitäten auf dem alten Kontinent, die allerdings „in naher Zukunft nicht geplant sind. Also habt Ihr die Möglichkeit, noch eine Weile La raza oft genug zu hören, um Euch die Songs drauf zu packen, damit Ihr diese laut und gewaltig mitsingen könnt, wenn wir mal wieder vorbei schauen. Neben den alten Klassikern natürlich.“

 

Bei solch einer, hoffentlich sich bald ergebenen Möglichkeit wäre es doch eine prima Sache, mal eines der Klassiker Alben wie „Raising fear“ oder „Delirious nomad“, welches just in diesem Jahr seinen 25.Geburtstag feiert, komplett live aufzuführen.

 

„Geile Idee, haben wir aber selbst noch gar nicht dran gedacht. Wir werden erstmal am 28.Mai im House of blues das komplette La raza Album spielen, dann sehen wir weiter, hahaha. Jeder Moment ist flüchtig also sollte jeder im Jetzt leben und wirken. Tu was auch immer du tust mit Liebe und Hingabe und Du wirst sehen, was dir die Zukunft bietet.“

 

Gonzo, es war mir eine Ehre mit einem meiner gaanz großen und alten Helden zu reden. Vielen Dank dafür.

 

„Die Ehre lag auf meiner Seite und hab Dank dafür, das Du durch Deine Liebe zu unserer Musik uns über die Jahre hinweg unterstützt hast.“

 

Mehr als gerne geschehen…

by olaf

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