Bei manchen Bands gibt es keine
Grautöne...Love it or hate it, oder um im deutschen zu bleiben: Scheiße oder
nicht scheiße. Bei meinen Lokalmatadoren Knorkator,
die heuer triumphal mit ihrem genialen Album „Es werde nicht“ wieder an die Oberfläche des germanischen
Musikbusiness gespült wurden, scheiden sich seit jeher die Geister…und das ist
gut so. Somit haben es Alf, Stumpen und Buzz Dee als Hauptprotagonisten leicht,
ihre eloquenten Werke fachgerecht zuzuschneiden und der Menschheit zu
präsentieren. Normen, Regel oder Angepasstheit findet man bei den Knorkis
niemals, was mich seit der ersten Scheibe „The
schlechtest of“ zu einem beinharten Fan werden ließ. Daher war es mir eine
große Freude, Alf mit einigen Fragen zu bombardieren, die mir das geistige
Oberhaupt der Band wohlwollend beantwortete.
Hallo Alf
und ganz herzlichen Dank für diese Audienz. Danke deshalb, da ich selbst seit
Jahren großer Anhänger Knorkators bin. Daher bin ich auch froh und glücklich,
dass Ihr endlich wieder Vollgas gebt. Wie war es, so eine lange Pause
einzulegen?
Es war ein wenig kompliziert, weil es für uns
eigentlich nicht als Pause begann, sondern als Schlussstrich. Ich kann da nur
für mich sprechen. Es gab mir die Gelegenheit, mal zu prüfen, was ich alleine
so bringe. Ich habe gemalt, Ausstellungen gemacht, bin mit meinem Buch auf
Lesungstour gewesen und habe ein Ein-Mann-Theaterstück auf die Beine gestellt.
Hat alles sehr großen Spaß gemacht. Und bei Gelegenheit werde ich das auch
weiter betreiben. Doch im Moment füllt mich die Arbeit mit Knorkator völlig aus.
Als Eure
Rückkehr bekannt wurde, gab es in „seriösen“ Medien wie der Welt, dem
Tagesspiegel und sogar in der Süddeutschen Zeitung viele Berichte, ja
Lobeshymnen bis hin zur kompletten Verehrung. So schrieb beispielsweise die
Welt, „In grenzenloser Heiterkeit macht
sich die Band Knorkator wieder an die Arbeit, und für die Musik ist das ein
großes Glück.“... Ich gehe mal davon aus, Du siehst das ähnlich… (Quelle: http://www.welt.de/kultur/article13233636/Heimatlieder-grindiges-Geroechel-kompletter-Unsinn.html 
Das hat uns natürlich gefreut. In den Jahren davor
waren wir es eher gewöhnt, von den seriösen Medien ignoriert zu werden. Außer
bei der Auflösung. Da haben auch einige von einer nicht mehr verschließbaren
Lücke in der Kultur gesprochen. Und eigentlich hätte ich es lieber gehabt, wenn
solche Lobeshymnen gesungen worden wären, als wir unsere Alben veröffentlicht
hatten, also als wir es wirklich hätten gebrauchen können. Aber Schwamm drüber.
Zu Eurem
neuen Album „Es werde nicht“…Warum?
Meinst du die Wortwahl des Albumtitels? (ich erlaube
mir mal in Vertretung deine Antwort zu geben: „Ja, so meinte ich das.“ Darauf ich wieder: ) Wir
lieben Worte und Slogans, die erst groß klingen und eigentlich doch nur Quatsch
sind. So wie „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“
Eure Videos
zum Album sind schon jetzt absoluter Kult, vor allem zu „Du nicht“. Die Produktionskosten müssen ja in astronomische Höhen
getrieben worden sein…
Es gab jedenfalls nie eine Rechnung.
Wer ist
eigentlich Tim Tom? Der Junge hat eine tolle Stimme…
Das ist mein Sohn. Und in Erdkunde hat er gerade
eine 6 bekommen.
Wie kann
man sich den Entstehungsprozess eines Songs wie beispielsweise „Refräng“ vorstellen? Steht als erstes
der Text und die Musik wird drum herum gebastelt?
Im Allgemeinen gibt es drei Ebenen, auf denen ich
parallel arbeite.
Erstens: der Gedanke. Jedem meiner Songs muss eine
konkrete Idee zugrunde liegen. Es ist nicht meine Stärke, einfach nur drauflos
zu dichten, in der Hoffnung, dass gewisse Worte gewisse Emotionen erzeugen
oder/und widerspiegeln. Ich will diese Herangehensweise nicht verteufeln. Es
gibt große Künstler, die nur so arbeiten. Aber meine Stärke ist das nicht. Ich
benötige immer einen interessanten Grundgedanken, etwas, wovon ich denke, dass
es sich lohnt, mal ausgesprochen zu werden.
Zweitens: Die Melodie. Es kann sich auch um ein
Riff oder eine Harmoniestruktur handeln. Dazu sitze ich meist am Klavier, oder
es kommt beim Fahrradfahren. Manchmal inspirieren mich auch andere Songs,
Klassik, Filmmusiken. Ich klaue natürlich nicht wirklich. Aber wenn es auch nur
der Abstand zweier Töne innerhalb einer bestimmten Akkordwendung ist, oder eine
bestimmte Gesangsrhythmik auf einem bestimmten Beat, kann das nach einigem Hin-
und Herüberlegen zu einem eigenen Thema werden. Das kommt dann in die digitale
Schublade, um bei Gelegenheit abgerufen zu werden.
Drittens: Der Slogan. Ein guter Refrain braucht ein
bestimmtes Wort, oder einen Slogan, der gut von der Zunge rollt, sich zum
Mitsingen eignet. Der kann ruhig einfach gestrickt sein, etwas prolliger als im
allgemeinen angestrebt. Hauptsache, er sitzt und bleibt im Kopf. Der Refrain
ist in gewisser Weise der Werbespot für den Song.
Diese drei Bausteine werden gesammelt. Oft habe ich
von allen mehrere Dutzend auf Halde liegen, ohne dass etwas passiert. Aber
irgendwann kommt es vor, dass ein toller Slogan zu einem Gedanken passt, der
mir schon lange am Herzen liegt. Und wenn dann noch eine der gesammelten
Melodien damit harmoniert, beginnt der eigentliche Prozess, wie man sich den
Alltag eines Songwriters vorstellt: im Stillen Kämmerchen sitzend, Noten und
Worte hin und her schiebend, bis der Song perfekt ist.

Ein kleiner
Kritikpunkt: Warum musstet Ihr unbedingt die beiden, bereits früher
veröffentlichten „Faster, harder, Scooter“
und „Geboren“ mit aufs Album packen?
Ich kann mir kaum vorstellen, dass es an eigenen, neuen Ideen gemangelt hat…
Als wir „Faster, harder, Scooter“ für das
Tribute-Album gemacht hatten, war ich mit dem Ergebnis nicht wirklich
zufrieden. Ich wusste, dass da mehr rauszuholen ist. Dafür war die neue Scheibe
die ideale Gelegenheit. Und damit Fanta
4 nicht ankommen und fragen, warum Scooter
und nicht Fanta 4, haben wir das
auch noch raufgemacht. Außerdem bin ich selbst ein überzeugter Albumkäufer. Und
ich erwarte irgendwie, dass ich, wenn ich von einer Band alle regulären
Studioalben habe, dass dann da auch alle Songs drauf sind. Es nervt mich, wenn irgendein
Song nur auf Single erschienen ist. Und deshalb kamen auch „Kinderlied“ und
„Warum“ mit rauf, damit sie auch auf einem Album sind.
Wieso
befinden sich eigentlich lediglich auf der Deluxe Version von „Es werde nicht“ die kultverdächtigen
Zwischenspiele zwischen Dir, Stumpen (Du), Buzz (ebenfalls Du), Rajko und Nick
(ich vermute auch Du)?
Damit es eine Deluxe-Version ist.
Bei
Wikipedia wird behauptet, dass Euch Rob von den Ärzten entdeckt hat. Ist das
wahr und wenn ja kann ich es mir kaum vorstellen, dass Ihr auf solche Publicity
wirklich angewiesen seid. Habt Ihr denn noch Kontakt zu ihm (falls es stimmt)?
Es ist wahr. Aber mit besonderer Publicity hat das
wenig zu tun. Er war einfach der erste, der uns einen Deal angeboten hat, denn
er besitzt neben den Ärzten auch ein
eigenes Plattenlabel. Es gibt weitaus größere Plattenfirmen, als Rodrec mit
viel mehr Budget, aber Rod ist ein toller Typ, und wir haben es genossen, in
seinem Wohnzimmerstudio eine Platte aufzunehmen. Mittlerweile ist der Kontakt
etwas eingeschlafen, aber wenn er ohne Karte zu unseren Konzerten kommt, lassen
wir ihn trotzdem rein.
Kann man in
naher Zukunft mit einer Fortsetzung Eurer „High
mud leader“ (Heimatlieder) rechnen?
Es sieht nicht danach aus. Damals war es ein irrer
Spaß, aber es tat auch etwas weh, mit anzusehen, wie hunderte Fans uns
angewidert den Rücken kehrten. Ich glaube, wir hätten uns lieber Strohmänner
suchen sollen, als selbst damit auf die Bühne zu gehen.
Wie stehst
Du persönlich zur deutschsprachigen Rock Szene mit Bands wie Frei.Wild, den
Broilers oder Wirtz?
Ich kenne keinen der drei. Und da ich in dieser
Minute kein Internet habe, kann ich auch nicht so tun, als wäre es anders.
Beim With
full force habt Ihr um Mitternacht in einem zum bersten gefüllten Zelt gespielt
und die Leute völlig umgehauen. In Wacken hingegen auf der Hauptbühne bei
Tageslicht. Welcher Gig wird Dir persönlich eher in Erinnerung bleiben?
In diesem Fall wohl eher Wacken. With full Force
war überschattet von Nässe und Kälte, ich hab gefroren ohne Ende, und unter
meinem Gewand trug ich einen Anorak. Wacken hingegen war einfach nur
perfekt.
Stumpen hat
mal gesagt, dass wenn Ihr ohne jegliche Werbung am 9. und 10.12.2011 die Berliner
Columbiahalle (immerhin zusammen 7.000 Leute) ausverkauft, er sich den Arsch
tätowieren lässt. Motiv ist schon ausgesucht?
Das kann dir wohl nur der Stumpen beantworten. (Was er leider
nicht getan hat – Olaf)
Mir fiel
auf, dass Ihr hauptsächlich Konzerte am Wochenende spielt. Warum denn dieses?
Tut Ihr Euch den Stress einer ausgiebigen Tour nicht mehr an? Altersgründe?
Das war schon immer so. aber wir waren ja auch
schon immer alt. Also ja, Altersgründe.

Fallen Dir
eigentlich solche „Oden“ wie „Freundschaft“,
welches durch Martin Kesici bei Star FM ausgiebig gespielt wurde einfach so zu
oder steht dahinter harte Arbeit? Ich persönlich stelle mir gerade solche Werke
unglaublich schwierig vor…
Irgendwas dazwischen. Ich hab schon eine Zeit lang
daran gesessen, aber schlaflose Nächte hatte ich nicht.
Ich habe
Dich in Deiner Knorkator-losen Zeit öfter bei Konzerten wie zum Beispiel im K17
gesehen. Welche Musik sieht denn Alf Ator in seiner freien Zeit am liebsten?
War ich da wirklich so oft? Egal, ich höre gern
Bach, Peter Gabriel, Nicholas Lens, Laibach, Ach, die Liste ist lang ...
Wird
Stumpen irgendwann mal wieder an einer Oper singen? Gerade bei Euren
vielseitigen und –schichtigen Begabungen läge doch der Verdacht nahe,
irgendwann einmal wieder zu den Wurzeln zurückzukehren.
Nein, das wird er nicht.
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