Hat der Berliner Six-Pack in den letzten Wochen mit der Single "Mein Teil" schon für Aufsehen gesorgt, steht nun der aktuelle Komplettaufreger in den Regalen.
Naja, das war wohl alles ein wenig überbewertet, nur weil die Burschen sich des Kannibalen-Themas angenommen hatten. Und wer sich in Zeiten wie diesen über so etwas aufregt, weil er sich tatsächlich irgendwie "provoziert" fühlt, hat den Schuß eh nicht mehr gehört! Doch sollte man sich auch über das aktuelle Werk von Rammstein aufregen können? Ich finde nicht. Ganz im Gegenteil, wird man eher von den doch ziemlich besinnlichen Klängen verwundert sein. Das derbste Pulver haben Rammstein bereits mit oben benannter Single verschossen und auch "Amerika" (die zweite Auskopplung) ist auf dem Album in Bezug auf das musikalische Gesamtbild keine Ausnahme. So richtig hart geht es fast gar nicht mehr zu, auf dieser Reise. Dafür wesentlich melodischer und die Lyrics sind auch wesentlich vielseitiger und ausgereifter als jemals zuvor, was dem 11-Tracker nur zugute kommt. Bereits der Türöffner und gleichfalls Titeltrack "Reise, Reise" kommt eher im Midtempo daher und besticht mit einem Ohrwurmartigen Refrain. Gepaart mit ein paar Violinen, die das Ganze zart unterstreichen, könnte man das Stück glatt als Abschlußtrack erwarten - doch es kommt anders als gedacht.
Zwar muß man nicht auf die gewohnten Trademarks (rollendes "R") verzichten, doch klingt Song Nummer drei ("Dalai Lama") schon etwas Rammstein-untypisch. Das macht der nächste Titel jedoch sofort wieder wett und etwas zum zucken gibt's gleich oben drauf ("Ich hätte Lust mit großen Tieren, hab keine Lust es zu riskieren..."). Der musikalisch wohl ungewöhnlichste Track scheint mir wohl "Los" zu sein, der mit einer fast akkustischen Klampfe das Thema bestimmt und scheinbar nur dahin grooven will. Die Mundharmonika, die gelegentlich auftaucht, kickt das Ganze gleich nochmal. Geil! Auf Anhieb zog mich jedoch "Moskau" in seinen Bann. Ein kraftvolles und treibendes Musikpaket, welches mit "t.A.T.u."-ähnlichen Piepsgesang und Akkordeon (!) unterstützt wurde. Und wie cool Herr Lindemann mittlerweile singen kann, zeigt er uns beim "Morgenstern", einem weiteren Ohrwurm. Wesentlich ruhiger geht es dann aber bei den letzten drei Stücken zu, die allerdings vielleicht gerade deswegen unbedingt hörenswert sind?!
Alles in Allem wird wohl so Rammstein'sche Weiterentwicklung klingen, die den Fan zwar nicht unbedingt enttäuschen wird, aber zumindest kurz doof gucken läßt!
Eine meiner besten Pommesgabeln, mit acht scharfen Spitzen, gebe ich gerne dafür her, stecke die mit den zehn Enden wieder ein und hoffe, dass ich sie beim nächsten Album loswerde!